4 Comments

  1. Aiseretha says:

    24. Februar 2014 at 21:47

    Joe ( die Hauptfigur des Films ) wäre nicht erfreut, sich hier als „Sexsüchtige“ bezeichnet zu finden, denn sie bestand ja (nach einer kurzen Phase des Selbstzweifels) ausdrücklich darauf, keine „Sexsüchtige“, sondern „Nymphomanin“ zu sein, d.h., sich nicht pathologisieren zu lassen – filmisch ein ganz wesentlicher Moment des Ausdrucks ihrer Befreiung von den Urteilen und Vorstellungen der Gesellschaft … (Uranus in 8)

    • christian says:

      24. Februar 2014 at 22:09

      Ok, Danke für die Erinnerung an die Szene. Das war etwas unbedacht geschrieben. Nymphomanie und Sexsucht sind bei mir beide nicht als pathologisch konnotiert. Dass der Uranus für das Erheben über die bürgerlichen Maßstäbe zu verstehen ist, finde ich einen schönen Gedanken. Ich habe mehr mein Augenmerk auf die Mauer ihrer Sexualität gerichtet, welche sie nie durchbrechen kann, in der Rezeption von Saturn und Pluto von 3 zu 5… Aber beides sind verschiedene Aspekte der Filmischen Inhalte, denke ich- und sie stehen im Quadrat zueinander…

  2. Solarplexa says:

    2. April 2014 at 17:46

    Wo aber findet diese Befreiung denn statt? Sie ist vermeintlich. Es mag Lars von Trier darum gehen, ein Plädoyer zu schaffen, wie auch in einigen anderen seiner Filmwerke, für die Frau, ihre Urkraft, ja Urgewalt, und ihr Ausleben als Frau in allen Facetten. Dazu gehört auch, sie nicht auf die Rolle des Opfers zu reduzieren, das „liebe Mädchen“ hat ausgedient, sondern ihr auch die Rolle der Täterin zuzugestehen. In der Konsequenz schafft er ihr einen Boden, um sich gesellschaftlich befreien zu können. Doch Joe hadert weniger mit der Gesellschaft denn mit sich selbst. Natürlich könnte man auch argumentieren, die Gesellschaft habe sie in diese moralische Einzelhaft geführt. So oder so, Joe trägt ein inneres Gefängnis mit sich herum. Aus dem sie keine Erlösung findet. Wäre die Szene in der Selbsthilfegruppe eine tatsächliche Befreiung von den Blicken der anderen, dann müsste sie nicht weiterhin auf den Freispruch, der in der Verurteilung liegt, durch Seligman hoffen, wie sie es ja im Folgenden weiterhin tut. Auch die Tatsache, dass sie die Ratschläge der Therapeutin umzusetzen versucht, zeigt erstens, dass sie sich auch von ihr nicht befreit hat, denn warum sollte eine auf eine hören, von der sie losgelöst ist, und zeigt zweitens eindrucksvoll, das es eben der innere Dämon ist, mit dem Joe ihren gnadenlosen Kampf kämpft. Ihre Rebellion gegen den Begriff „Sexsucht“ ist ein Versuch, der nichts anderes ist als Selbstbetrug. Eine Wortklauberei, mit der sie sich eine Freiheit zu erschleichen versucht, die es im Außen gar nicht gibt, weil diese Freiheit nur durch sie selbst kommen kann. Sie weiß das. Sie tut es trotzdem. Und solange sie sich noch mit Begriffen herumschlägt, ob Sexsucht, ob Nymphomanie, solange sie also noch Wert darauf legt, nicht pathologisch veranlagt zu sein, operiert sie mit den Gedankenwelten der Gesellschaft. Ordnet sich darin ein. Befreiung sieht anders aus. Insofern stimme ich der undurchdringlichen Mauer zu, von der Christian spricht.

    Und ich wüsste sehr gerne, welche Aspekte in dem von euch zitierten Uranus noch stecken, da ich hier zwar inhaltlich, aber nicht astrologisch mitsprechen kann. Um was noch außer Befreiung kann es gehen?

    Dankbar wäre ich außerdem für eine astrologische Erläuterung zu dem Ende, das mich sehr mitgenommen hat und ich eher aufgepfropft denn organisch empfinde.

    Mir gefällt übrigens sehr die Vielfalt der Themen dieser Homepage. Gerne mehr.

    • christian says:

      3. April 2014 at 20:48

      Danke, für Deinen Beitrag, Deine Gedanken und das Lob. Ja, es mag eine Pseudofreiheit sein. Und überhaupt erscheinen mir in den Filmen Lars von Triers die Charaktere und Handlungen mehr oder weniger aufgepfropft, konstruiert und wenig glaubhaft zu sein. In meinen Augen ist er unter den Mainstreamregisseuren (hier als Mainstreamalternativregisseur) einer der schlechtesten, kaum besser als Robert van Ackeren oder einer dieser anderen unsäglichen deutschen Regisseure der heutigen Zeit und bei weitem nicht vergleichbar mit der hochwertigen skandinavischen Filmtradition, die bis heute anhält. Mit einer solchen Erwartung bin ich ja schon ins Kino gegangen. Und nur wegen dieser geringen Ansprüche war ich angesichts der schönen Bilder und der Dialoge positiv überrascht. Aber das soll nicht heißen, dass ich den Film so ernst nehmen könnte, das ich mich auf eine Diskussion über ihn einlassen könnte. Durch eine astrologische Sicht ist aber alles wieder interessant und ein Symbol für ganz andere Dinge. In dem Horoskop von Charlotte Gainsbourg geht es um Freiheit, die sie als Missbrauchsopfer aber nicht erlangt. Man könnte also auch sagen, es geht um Gefangenschaft. Stellvertretend dafür sind die Rollen, die sie in den Filmen spielt. Deswegen bin ich überhaupt ins Kino gegangen. Denn wir haben sie vor kurzem in einem meiner Kurse durchgenommen, sie und ihren Vater. In dem Horoskop der deutschen Premiere geht es vor allem um das Abgründige und um die Darstellung von Vorstellungsmodellen. Der Freiheitsaspekt spielt dabei nur eine kleine Nebenrolle. Das geschmacklose Ende sieht man – wie gesagt – im Quadrat zwischen MC und MC-Herrscher, was vereinfacht gesagt soviel bedeutet wie ein Widerspruch zwischen Wirkung und Erwirktem, oder zwischen Bestimmung und Wahrgenommenem.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert